Engelnstedt
Ortheimatpflege - Unser Dorf - Geschichten aus der Kriegszeit

Flugascheleitung



In den Kriegsjahren 1942-43 wurde eine Flugascheleitung von der Hütte östlich von Hallendorf in nordwestlicher Richtung an Engelnstedt vorbei Richtung Vallstedt verlegt.

In dieser Leitung sollte verflüssigte Flugasche bis ins "Dumme Bruch" in zwei dafür ausgehobene Polder geleitet werden. (Anmerkung des Verfassers: die Asche ist dort nie angekommen, später wurden daraus die bekannten YTONG - Steine hergestellt)

Die Leitung bestand aus zwei nebeneinander liegenden lasierten Tonrohren von je             20cm  Durchmesser. Im Abstand von ca. 50 m mauerte man Einsteigschächte von 1m Durchmesser und legte einem Konus mit Deckel obenauf. Die Leitung wurde so verlegt, dass sie in einem konstanten Gefälle von der Hütte bis ins Dumme Bruch verlief.

Dieser Umstand führte dazu, dass an der tiefsten Stelle in dem Gleisdreieck nördlich des Umspannwerkes das Gelände so tief war, dass die Rohre oberirdisch in einem Wall aus Kies verlegt werden mussten.
Als höchste Stelle, die zu überwinden war, stellte sich die jetzige Städtestrasse (Ludwig Ehrhardt Strasse) heraus. Dort musste die Leitung ca. 4 m tief verlegt werden.

Das Ausschachten wurde von italienischen Militärinternierten (IMI) ausgeführt. Diese Zwangsarbeiter nannte man Badoglios und sie kamen seit Mitte Oktober 1943 in unsere Regionen. Sie wurden beaufsichtigt von bewaffneten deutschen Soldaten. An den tiefsten Stellen musste die Erde mindestens in zwei Etagen auf ein darüber liegendes Podest geschaufelt werden um dann rechts und links neben der Schachtung abgelegt zu werden.

Von Hallendorf her verläuft noch heute die Leitung durch den Hallendorfer Wald an der Eisenbahntrasse zum Umspannwerk entlang, von der nordwestlichen Waldecke bis zur Brunnenriede unter einem Kieswall. In dem Gleisdreieck, wo die Leitung nach Nordwest abbiegt, stand eine aus Beton gebaute Pumpstation, die später gesprengt wurde.

Auf dem Acker westlich des Bahndammes befand sich ein Stück Wall mit ca. 50-100 m langer Kiesaufschüttung. Daran grenzte unser Acker. Dort hatte die Flugascheleitung genügend Überdeckung (so meinte man). Doch nach Inbetriebnahme, die verflüssigte grau- blaue Masse wollte nicht fließen, kamen mehrere Röhren hoch, zerbrachen auf unserem Acker und alles ergoss sich ackerabwärts auf das Feld und in die Brunnenriede.
Auf einer Fläche von ca. 1500 m2 hatte sich nach Abtrocknen eine bis 20cm dicke Schicht gebildet, die später mit umgepflügt wurde und keinen Nachteil für die darauf wachsenden Ackerfrüchte brachte. Der Acker hat heute noch an dieser Stelle eine andere Farbe.
Unter "Dezember 1943" finde ich in Vaters Buchführung eine Einnahme von 9,28 RM als Entschädigung für Flugascheleitung. Soll das alles gewesen sein für den Rohrbruch?

Die Leitung verläuft weiter an der Nordostecke des Dorfes, etwa 50m am Friedhof vorbei, bis zur Landstrasse nach Vallstedt. Hier wird fast die höchste Stelle im Gelände erreicht, wie oben beschrieben. Dann geht es Richtung Norden am Vallstedter Weg entlang auf der östlich gelegenen Seite. In der Ostkurve  unterquert die Leitung die Strasse und läuft auf der linken Seite weiter bis zur Nordkurve, die ebenfalls unterquert wird. Jetzt ist der Acker erreicht, auf dem die Asche abgelagert werden soll. Etwa in der unteren Hälfte des Ackers sind zwei riesige Becken ausgebaggert (ca. 250 x 50 m). Das westliche ist mit einem mindestens 10 m hohen Wall umgeben, der nach Süden hin nach ca. 250 m gegen den Berg ausläuft. Siehe auch Luftbild von1944!

Das Becken füllte sich schnell mit Grundwasser und wurde in den Jahren danach von der Engelnstedter Jugend im Sommer zum Baden benutzt.

Eigene Aufzeichnung von Ortsheimatpfleger Heinrich Hagemann 2005

 

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